Januar 1990: “200 artistes de RDA dans la Grande Halle“ heißt es in der Pariser Presse. Die Berliner Mauer ist gefallen und in kürzester Zeit wurde eine spektakuläre Ausstellung im Pariser “La Vilette“ organisiert. (“L´autre Allemagne hors les murs“)Nun sind sie da, die “jungen Wilden“ aus dem Osten: die Maler, Musiker, Tänzer, Theatermacher, Literaten, Performer, Modisten, Fotografen und Filmemacher. An drei Tage verwandeln sie die ehemaligen Schlachthöfe in einen Veranstaltungsort der subversiven Gegenkultur des Ostens.Und was zu sehen ist, sieht gänzlich anders aus, als das was die offizielle DDR-Kulturpolitik bis dahin repräsentierte. Sozusagen die erste Therapiemaßnahme für vom sozialistischen Realismus geschädigte Sehgewohnheiten. Dem Pariser Publikum wurde eine geballte Ladung aufgestauter Depression entgegengeschleudert, die sich in bizarren Projekten darbot. Für die Künstler ist es das erste vorsichtige Erkunden eines neuen Terrains, ein Testlauf der diktaturerprobten Provokation und zugleich die Erfüllung des Traums von der ersten Reise nach Paris. Für viele von ihnen wird es auch die letzte “Geburtstagsparty“ sein, vor dem Eintritt in den Kunstmarkt-West.