Comedian Harmonists

Film von Eberhard Fechner über das berühmteste Gesangsensemble Deutschlands in den 20er und 30er Jahren, das 1935 von den Nationalsozialisten verboten wurde, weil drei ihrer Mitglieder Juden waren. Sechs junge Musiker formierten die "Comedian Harmonists": Robert Biberti, Baß; Roman Cycowski, Bariton; Asparuch Leschnikoff, 1.Tenor; Erich Collin, 2.Tenor; Erwin Bootz, Piano und Harry Frommermann, der Erfinder und 3.Tenor. / 1927 in Berlin gegründet, errang das Sextett bald Weltgeltung auf dem Gebiet der leichten Unterhaltung, war doch bis dahin der Gesang dem ernsten Liedgut verpflichtet, eine Gesangsgruppe ohne Orchester gar eine unerhörte Sache. / Mit Liedern wie "Veronika - der Lenz ist da", "Wochenend und Sonnenschein" oder "Mein kleiner grüner Kaktus" füllen sie Säle in der Kuturmetropole Berlin und bei "Sensations-Gastspielen" in ganz Europa. Ohrwürmer wie diese gehören seitdem nicht nur zum festen Repertoire unzähliger Nachahmer, die die Harmonists in den letzten zehn Jahren hierzulande gefunden haben. Sie machten aus den Jünglingen mit Frack, Fliege und Zylinder auch eine der ersten Popgruppen."Achtung, selten" hieß es in der Anzeige, mit dem am 29.Dezember 1927 der damals 21jährige Frommermann im "Berliner Lokalanzeiger" junge Männer "nicht über 25, musikalisch" mit "schönklingenden Stimmen" gesucht hatte.Musiker von sehr verschiedener Herkunft fanden so zusammen:der nahe Sofia in Bulgarien (1897) geborene Ari Leschnikoff, Sohn eines Postbeamten; Erich Collin, Sohn eines Berliner Kinderarztes (geb.1899); Roman Cycowski, der Sohn eines Kleinfabrikanten aus Lodz, Opern- und Chorsänger an Provinztheatern und am Großen Schauspielhaus (geb. 1901); Robert Biberti, Sohn eines Wagner-Sängers aus Berlin, Chorsänger (geb. 1902); Harry Frommermann, der später seinen Namen in Frohman änderte, Kind eines jüdischen Kantors, Schauspielschüler und Arrangeur der Gruppe (geb. 1906) und Erwin Bootz, Sohn eines Musikalienhändlers aus Stettin, Musikhochschüler (geb. 1907).Eine lange Zeit der Proben, viel Begeisterung und hohe Musikalität war nötig, bis die besondere Präzision dieser Unterhaltungsmusik erreicht war: die Finesse des Arrangements und des Auftritts, die Geschmeidigkeit des Klangs, der Humor und die Harmonie. Doch nach Aufstieg aus bescheidenen Verhältnissen, nach dem Erfolg kamen die Kräche, kam die unter den Nürnberger gesetzen angeordnete Trennung in die drei "Arier" und die drei Juden.Eberhard Fechner hat mit der Original-Musik und aus reichhaltigem Material über Glanz und Niedergang eine Art erzählende Dokumentation zusammengestellt. Er hat die Zeugen, die vier überlebenden Harmonists und Lebensgefährten in Berlin, Hamburg, Sofia und Kalifornien erzählen lassen.Die Aussagen sind mit wenigen Kommentaren und Intermezzi aneinandergeknüpft und in einem thematischen und rhythmischen Verlauf komponiert.Manfred Sack sah darin in der "Zeit" das Zusammenspiel von "zweierlei Wunderbarem": "Das eine sind die Comedian Harmonists selbst...das andere ist die Art und Weise, auf die der Film auf das Sextett zusammengefügt ist. Er erinnert an ein in tausend Stücke zerflattertes, nun in Deutschland, Bulgarien und Amerika geduldig aufgesammeltes Bild, in dem die Rätsel, die die Lücken aufgeben, zu einer neuen Farbe werden." Kein Musikfilm, sondern eben sechs Lebensläufe, sechs Charaktere, zugleich Portrait eines Ensembles und zeitgeschichtliches Dokument über die Künstlerschicksale im Nationalsozialismus.Mitwirkende im Film: Robert Biberti; Erwin Bootz; Roman Cycowski; Ari Leschnikoff; Annemarie Collin; Fernande Curie, verw. Collin; Marion Kiss, gesch. Frohman; Erika v. Späth.

Archivnummer HDF000225
weitere Titel:
Untertitel: Sechs Lebensläufe
Filmschaffende
Eberhard Fechner (Autor/in)
Rainer Schäffer (Kamera)
Brigitte Kirsche (Cutter/in)
Dieter Meichsner (Produktionsleiter/in)
NDR (Redaktion)
Datierung 18.12.1976
Länge 95'00"
Formate
Super VHS SW-Teile
Farbe SW-Teile
Ton
Kategorien Kultur > Musik, Kultur > Theater
Schlagwörter
Eintragdatum: 16.02.1998
Änderungsdatum: 22.06.1999