Und das Leben

Ein Jahr lang hat Denis Gheerbrant von Marseille bis Charleroi, von Bruay bis Genf brachliegende Industrielandschaften und halbverlassene Vorstädte durchquert. In diesem Film findet man dieselben Themen wieder, die schon in früheren Filmen des Autors anzutreffen sind. Filme in der ersten Person, die dem anderen, der vereinzelten und unterdrückten Stimme von Minderheiten oder Ausgegrenzten, die aus zweitrangigen, kurzlebigen aber unvergeßlichen Figuren schlechter Filme ihre Lebenskraft schöpfen zuhören. Wovon handelt der Film? Arbeiterfamilien, Arbeitslose, Lehrlinge und die Söhne von Bergarbeitern aus krisengeschüttelten Stadtvierteln von Lonxy, Marseille, Bruay...erzählen von ihren Lebensplänen. Es sind die Träume der Gesellschaft oder einzelne Idealvorstellungen, auf die sie ihre Existenz stützen, aus denen sie schöpfen, Idealvorstellungen von diesen eingebildeten Leben, die in uns allen vorhanden ist, und die uns noch leben, dulden und hoffen läßt, trotz der ständigen Verleugnungen durch die Realität der Enttäuschungen in der Geschichte. / - Was mich interessierte, war der Zustand einer Kultur nach der Krise, nach der "post-industriellen Revolution". Das, was das Verschwinden der Arbeiterklasse zurückgelassen, was es zerstört hat. Das heißt, nicht nur das Verschwinden einer Klasse, sondern das Verschwinden eines Bezugspunktes in unserer Gedankenwelt, der einen Gegensatz, die Vision der Gesellschaft in einer Dynamik, einführte und die uns Orientierung gab. Ich glaube, daß in diesem Zusammenhang das Verschwinden der Arbeiterklasse, als einer Klasse, die eine Anzahl von Werten und ein Kultursystem geprägt hat, schwerwiegend ist. Es gibt in meinem Film das Porträt eines Gewerkschaftlers und seiner Kollegen, die den Eindruck vermitteln können, ich hätte die letzten Mohikaner der Arbeiterklasse gefunden. Doch was die letzten Mohikaner betrifft, so sind es die letzten Humanisten, die ich getroffen habe. Das heißt, die letzten Menschen, für die das Sprechen eine unglaubliche Errungenschaft ist.(Denis Gheerbrant) (Pr-text)

Archivnummer HDF000288
weitere Titel:
Originaltitel: Et la vie
Filmschaffende
Denis Gheerbrant (Autor/in)
Catherine Gouze (Cutter/in)
Denis Gheerbrant (Cutter/in)
Arte (Redaktion)
Datierung 1991
Länge 90'00"
Formate
Super VHS Farbig
Farbe Farbig
Ton
Kategorien GESELLSCHAFT UND SOZIALES
Schlagwörter
Eintragdatum: 01.06.1993
Änderungsdatum: 19.04.1996