Verfluchtes El Dorado

Die Vermischung historischer Elemente, in denen die Motive des Kolumbus, die Rolle der Kirche und die Geschichte der Mayas und Azteken beschrieben wird, verbindet sich geschickt und unaufdringlich mit der Beschreibung der heute noch andauernden Zerstörung Lateinamerikas. / Nebel steigt in Schwaden auf aus dem Regenwald, der andernorts gerodet wird. Wasser stürzt gewaltig über Felsen - das Naturwunder ist eine Kloake. Indios, einst die Herren in dieser Welt, versuchen mit bloßen Händen, ihre ölverseuchten Flüsse zu reinigen, arbeiten wie die Sklaven von einst für einen Hungerlohn in den Zuckerrohrplantagen, hausen in ärmlichsten Wellblechbuden. Oder werden gar wieder einmal vertrieben aus ihren angestammten Siedlungen, damit das Land "besenrein" wirkt rund um das groteske Kolumbus- Monument in Santo Domingo. Denn die großen Feiern anläßlich der Entdeckung Kolumbus, die eine Eroberung mit tödlichen Folgen für Millionen Menschen war, sollen ohne die Flecken der Armut sein.Im strömenden Regen schart sich ein Häuflein festlich gekleideter Militärs zusammen, um den von Japanern geschenkten Karavelle-Nachbau zu begrüßen, das Werbepräsent für bessere Wirtschaftsbeziehungen. Auf der Kanzel tönt der Bischof von den "Heldentaten der Evangelisation" und dankt dafür Gott mit innigen Worten.Aber: "Die Helden kehren zurück", stellen die beiden HR-Dokumentarfilmer Jo Faulstich und Georg M. Hafner fest, die auszogen, die 500 Jahre wirksamen Folgen des Kolumbus an Ort und Stelle zu besichtigen. Und nehmen dabei mit Verve Partei für die, die damals die Opfer waren und es noch heute sind.Wie könnte es damals gewesen sein, als die weißen Fremden mit ihren Waffen eindrangen in die friedfertige "Neue Welt" und sie zu der ihren machten, mit Gewalt und Kreuz und Verachtung für die "Wilden", denen sie keinen Menschenstatus einräumen wollten? Die beiden Journalisten sichteten Zeichnungen und Dokumente der Zeit darüber und ließen beides zusammen wie einen Bilderbogen ablaufen, um von dort in die bedrückende Gegenwart zu springen.500 Jahre des Völkermordes tun sich auf, 500 Jahre westlicher Arroganz und Zerstörungssucht, knapp zusammengefaßt zu Kapiteln, die sich der Suche nach dem El Dorado, der Habgier, der kulturellen Verachtung, dem Menschenbild und dem langsam aufblühenden Widerstand der Indianer widmen. Alte Mythen und Rituale tauchen wieder auf, die auch vom aufoktroyierten Christentum nicht verdrängt werden konnten. In Kolumbien hat die neue Rückbesinnung auf die alten Wurzeln schon zu politischem Sitz und Stimme geführt. In Ecuador wehren sich die Indios gegen die ihre Welt zerstörenden Ölindustrien.Mutige Stimmen, selbstbewusste Gesichter wenden sich den Okkupanten zu und verweigern die weltweite Feier, drehen sie um zum Protest in eigener Sache. (Pr-text)

Archivnummer HDF000220
weitere Titel:
Untertitel: Kolumbus, das Gold und die Rückkehr der Indianer
Filmschaffende
Joachim Faulstich (Autorschaft)
Georg M. Hafner (Autorschaft)
Stephan Fehl (Autorschaft)
Reinhard Burgheim (Kamera)
Armin Alker (Kamera)
Nina Thomas (Schnitt)
Sylke Kube (Schnitt)
René Mai (Produktionsleitung)
Barbadillo, Pedro (Redaktion (Bereich))
Datierung 23.04.1992
Länge 88'08"
Formate
Super VHS Farbig
Farbe Farbig
Ton
Kategorien Kultur, G Geschichte
Schlagwörter
Eintragdatum: 02.03.1993
Änderungsdatum: 09.01.2024