Ein runder Geburtstag für die kleine Schwester des Kinofilms

Der 27. Oktober ist der Welttag des Audiovisuellen Erbes. Dieser Tag richtet das Augenmerk auf den großen Kulturschatz an Tonaufnahmen, Filmen und Videos, die es als historische Dokumente zu erhalten gilt. Zu einem besonders vielseitigen Format gehört das 16mm Filmformat, das im Jahr 2023 seinen 100. Geburtstag feiert.

100 Jahre 16mm Film

In den 100 Jahren seiner Geschichte hat des 16mm Format einiges erlebt. Eigentlich als Amateurfilmformat entwickelt, zeigte sich schnelle sein Potential und seine Einsatzmöglichkeiten. So waren es nicht nur die privaten Filmenthusiasten, sondern auch die professionellen Filmschaffenden, die die Vorzüge des Schmalfilms zu schätzen wussten. Zudem erlebte das Format zwischen seinen engen Filmrändern entscheidende Veränderungen: es wurde bunt, bekam Ton und veränderte immer wieder seine Bilddimensionen – aber der Reihe nach.

Veröffentlicht wurde das 16mm Filmformat von der Kodak Eastman Company zusammen mit der Ciné-Kodak Kamera und dem Kodascope Projektor im Juni 1923. Maßgeblich ausgedacht hatte es sich der britisch-amerikanischer Fotograf, Ingenieur und Erfinder John George Capstaff (* 24.02.1879 – † 31.01.1960). Er hatte es zunächst für den Amateurfilmer als günstige Alternative zum großen 35mm Kinefilm entwickelt. Seine Modifikationen waren aber wesentlich umfangreicher und nachhaltiger als die Verkleinerung des Filmstreifens.

Alles neu macht der Schmalfilm

Das neue Schmalfilmformat wurde auf einem sogenannten „Sicherheitsfilm“ belichtet. Der leicht entzündliche und damit in der Handhabung sehr gefährliche Nitrofilm, der bis dahin verbreitet war, sollte und durfte nicht länger in Privathäusern und in die Hände von Amateuren gelangen. Aber vor allem machte das schmalere Format das Filmen sehr viel erschwinglicher: Eine kleine 100 feet-Spule (ca. 30,5 m) reichte nun für mehr als vier Minuten Drehzeit (bei 16 Bildern pro Sekunde) in der Kinokamera mit 35mm Film waren es lediglich eine Minute (bei 24 Bildern pro Sekunde).

Außerdem kam der 16mm Film als sogenannter Umkehrfilm auf den Markt. Unter Umkehrfilm versteht man ein Foto- oder Filmmaterial, das durch den Entwicklungsprozess gleich als positives Bild erscheint. Damit entfällt der zusätzliche und damit kostspielige Teil des Kopierprozesses vom Kameranegativ. In der Fotografie kennt man dieses Verfahren als Dia-Film. Alles in allem kostete das Filmen nur noch ein Fünftel von dem, was es im Kinoformat gekostet hätte.

Schmaler Film auf kleiner Leinwand

Doch nicht nur das Filmen war ein wichtiger Verkaufspunkt für den Film. Auch die Projektion zu Hause sollte „angekurbelt“ werden. Bald wurden professionelle Filmen auf 16mm herunterkopiert und brachten damit das Kino und die Welt direkt ins Wohnzimmer. Solche Kopien konnten gekauft oder geliehen werden. In den 1930ern mit einer besonders günstigen Kopiertechnik auf Ozaphanmaterial wurde auch das Erstellen einer eigenen Filmothek immer günstiger.

Von Unterrichtsfilm bis Direct Cinema

Es waren dann aber weniger die Filmamateure, die das 16mm zu tausenden Kilometern durch die Kameras rattern ließen. Die Qualität des Filmmaterials war zwar nicht so fein, wie beim großen Bruder 35mm, aber sie war vollkommen ausreichend für die Leinwand in einem Vorlesesaal oder Schulzimmer. So wurde 16mm im Lehrbereich und für wissenschaftliche Zwecke attraktiv. Auch Künstler und Künstlerinnen setzten für ihre Experimentalfilme bevorzugt 16mm ein. Und spätestens mit dem Siegeszug des Fernsehens, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde es das wichtigste Aufnahmeformat für TV-Produktionen bis zum Videozeitalter.

Durch die viel kompaktere und leichtere Bauform musste die Kamera nicht mehr auf klobige Stative montieren werden, sondern konnten auch frei auf der Schulter durch die Szenerie getragen werden. Damit war es für die ambitionierten Dokumentarfilmer:innen wesentlich attraktiver als das Kinoformat. Das mag letztendlich dazu beigetragen haben, dass sich der Dokumentarfilm in den 1950er und 1960er Jahren so frei hinter den Kulissen bewegte bzw. so eng in die Zimmerecke quetschen ließ, dass es eine ganz neue Form des Dokumentarfilmes ermöglichte.

Ein abwechslungsreiches Filmleben

In 100 Jahren hat 16mm sein Aussehen mehrmals verändert. Zunächst war der Schmalfilm schwarzweiß und hatte links und rechts Perforationslöchern. Mit dem Aufkommen des Tonfilms in den 1930er Jahren verlor der Film kurzerhand die Perforationslöcher auf einer Seite zugunsten der aufbelichteten Tonspur. Und Ende der 1960er Jahre schabte ein schwedischer Kameramann namens Rune Ericson (* 29.05.1924 – † 04.02.2015) so an seinem Kamerafenster herum, dass die Bildfläche auf dem Bildnegativ nun ein Breitbildformat von 16:9 möglich machte: das Super16mm.

Dann erschienen Video und schließlich der digitale Film auf der Bildfläche. Sie haben der langen Karriere des 16mm Films ein Ende gesetzt. Aber für uns im Archiv ist dieses spannende Filmformat noch immer eines der schönsten und vielseitigsten Formate: 16mm war das Material für die professionellen Filmer genauso wie für die Amateure. Es wurde in der Wissenschaft eingesetzt und unterstütze den Unterricht, zeigte Kinofilme im Kleinen und machte Dokumentarfilme ganz groß. Er ist bunt und schwarzweiß, stumm oder mit Ton, aufwendig und schlicht, experimental oder lehrbuchhaft. Kein Genre, keine Filmrichtung, die nicht auch mit 16mm umgesetzt wurde. In der Landesfilmsammlung finden sich mehr als 4.000 Rollen an 16mm Filmen – Happy Birthday 16mm!