Pioniere des Tier- und Naturfilms aus dem Südwesten 

Natur- und Tierfilme begeistern ein Millionenpublikum. Sie können außerdem für einen bewussteren Umgang mit unserer Umwelt sensibilisieren. Schon früher versuchten Pioniere des Tierfilms aufzurütteln. Unser Archiv bietet dafür zahlreiche Beispiele.

Hermann Hähnle gehört international zu den Vorreitern

Die Faszination für Natur und das Bewusstsein ihrer Gefährdung waren seit Beginn der Filmgeschichte der Motor vieler Kamerapioniere, Flora und Fauna auf Zelluloid zu bannen. Sie setzen in ihrer Zeit die jeweils modernste Aufnahmetechnik ein, um atemberaubendes Material zu bekommen. Ob nun Teleobjektive, Zeitraffer, Mikro- und Makroaufnahmen – alles wurde genutzt, wenn es spektakuläre Bilder lieferte. Der wichtigste Pionier und vielleicht sogar erste Tierfilmer weltweit ist Hermann Hähnle aus Giengen an der Brenz. Die Archivierung seiner noch erhaltenen Aufnahmen war Auslöser für den Aufbau der Landesfilmsammlung Baden-Württemberg. Als Sohn des Filzfabrikanten Hans und Lina Hähnle, der Gründerin des Vogelschutzbundes, kann er sich das kostspielige Hobby leisten.

Erste Tieraufnahmen auf 35mm

Ab 1905 setzt er das neue Medium dafür ein, Zuschauerinnen und Zuschauer für die Natur zu begeistern. So entstehen auf 35mm-Film die ersten Aufnahmen von Tieren im Südwesten. Bald hat Hähnle Schüler, darunter den Naturfilmer und Produzenten Hubert Schonger, der in den 1920er Jahren den Vertrieb von Hähnles Filmen übernimmt. Zugleich will der ambitionierte Pionier aussterbende Tierarten im Bewegtbild zeigen. Er schickt Kameraleute ins europäische Ausland zu den Steinadlern in die Dolomiten, den Edelreihern in Rumänien, zu wilden Wisenten in Ostpolen oder den Eisbären ins Nordmeer und finanziert diese Expeditionen.

„Aufnahmen, die ihren Wert in sich tragen, sind gewissermaßen Urkunden aus dem ganzen Bereiche der Natur und Kultur, die unser Wissen teils vermehren, teils erleichtern oder sichern sollen“, so Hähnle. Spannend ist das Material der Landesfilmsammlung von Dreharbeiten am Federsee bei Bad Buchau, den der Vogelschutzbund als Naturschutzgebiet gekauft hatte. Sie zeigen, wie aufwendig Assistentinnen Hähnles Kamera mit Schilf tarnen, um gute Aufnahmen von Vögeln machen zu können. Später dreht er beispielsweise „Beobachtung von Reihern im Jagsttal“ (1950).

Schätze der Landesfilmsammlung

1939 erstellt der Tierfotograf und Heidenheimer Kinobetreiber Friedrich Michel, der immer wieder mit Hähnle zusammengearbeitet hat, den in Farbe gedrehten Film „Sonnenkinder“ über die Vielfalt der Schmetterlinge auf der Ostalb sowie weitere Naturfilme, die in der LFS erhalten sind. Dies trifft auch für „Aus Wald und Flur“ (1959) von Bernhard Strehl zu, der in der klassischen Tradition des Kulturfilms steht.

Vater des Bergfilms – Arnold Fanck

War Hähnle der Vater des deutschen Natur- und Tierfilms, dann ist der Freiburger Regisseur Arnold Fanck der Vater des Bergfilms. Schon vor dem Ersten Weltkrieg erstellt er Bewegtbilder zur Besteigung des Monte Rosa in den Walliser Alpen. „Das Wunder des Schneeschuhs“ (1920) zeigt den neuen Skisport und wie man sich richtig auf den Kufen bewegt. Dann beginnt er, in den Bergen sogar packende Spielfilme zu drehen und bildet dafür Kameramänner wie Hans Schneeberger oder den legendären Sepp Allgeier aus, der in den 1950er Jahren Chefkameramann des Südwestfunks in Baden-Baden werden sollte. In den nächsten Jahrzehnten prägt die Bergfilm-Schule von Fanck den ästhetischen Stil des dokumentarischen Films.

Meister des Tierfilms im Fernsehen

Einer der international renommiertesten deutschen Tier- und Naturfilmer ist der in Stuttgart geborene Eugen Schumacher, der sowohl Kinofilme dreht als auch ab 1958 die Fernsehserie „Auf den Spuren seltener Tiere“ (37 Folgen) für den Bayerischen Rundfunk. Schon 1952 macht er das Publikum in „Natur in Gefahr“ auf die Zerstörung der Fauna durch den Menschen aufmerksam.

Mit der Geschichte der Wiederansiedlung des Gamswilds im Schwarzwald in den 1930er Jahren beschäftigt sich Werner Sattler in „Auf dem Berg so hoch da droben“, der ebenfalls in der Landesfilmsammlung verfügbar ist. Ein Meister des kritischen Tierfilms, der den Umgang des Menschen mit Tieren in den Fokus nimmt, ist Horst Stern, der zwischen 1970 und 1979 für den SDR 26 Episoden seiner TV-Serie „Sterns Stunde“ mit wissenschaftlichem Anspruch realisiert.

Naturfilmpioniere aus dem Südwesten

Ob Hermann Hähnle, Arnold Fanck, Sepp Allgeier oder Horst Stern, das Genre Naturfilm hat dem deutschen Südwesten echte Pioniere zu verdanken. In der Landesfilmsammlung Baden-Württemberg kann man neben dem Hähnle-Bestand auf viele weitere Schätze stoßen.